Zu den Besonderheiten bei
Grundstücksgeschäften und Mietabschlüssen mit Ausländern, insbesondere mit
Diplomaten und ausländischen Missionen
von Rechtsanwalt
Dr.
Götz-Sebastian Hök, Berlin
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Berlin ist trotz aller Unkenrufe ein interessantes Ziel. Die deutsche
Haupstadt ist Sitz des Bundespräsidenten und sie wird der Sitz der
Bundesregierung und des Bundestages. Damit ist Berlin zugleich Sitz der
diplomatischen Vertretungen ausländischer Staaten und wird zukünftig auch
vermehrt Wohnort der diplomatischen und konsularischen Vertreter sein. Vor
allem die Bezirke Mitte und Tiergarten sowie die Wohnbezirke Zehlendorf und
Charlottenburg werden das Interesse ausländischer Diplomaten finden. Die
derzeitige Bautätigkeit im Zentrum Berlins belegt dies deutlich. Ausländische
Staaten, Diplomaten und Konsuln genießen Immunität. Im Rechtsverkehr schützt
sie das Privileg der Unantastbarkeit. Damit ist die Frage aufgeworfen, wie
sich Vermieter und veräußerungswillige Grundstücks- und Wohnungseigentümer
gegen Diplomaten, Konsuln und den diplomatischen Vertretungen verhalten
sollen, wenn an sie Miet- oder Kaufwünsche herangetragen werden.
Der einfache völkerrechtliche Grundsatz der Immunität ist in den
multilateralen Übereinkommen von Wien und Basel über die diplomatischen und
die konsularischen Beziehungen konkretisiert. Danach sind die Räumlichkeiten
der diplomatischen und konsularischen Missionen unverletzlich. Den selben
Schutz genießen die Wohnungen der Diplomaten und ihr Vermögen, aber auch die
Angehörigen der Diplomaten und die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen
Personals der Missionen. Namentlich der Diplomat und seine Mission sind damit
gegen ihre gerichtliche Inanspruchnahme und gegen Vollstreckungshandlungen des
Empfangsstaates immun. Diplomaten und ausländische Staaten können allerdings
sehr wohl Träger von Rechten und Pflichten sein. Es steht ihnen frei, Verträge
zu schließen, Eigentum zu erwerben und es zu veräußern. Dabei müssen sich
ausländische Staaten und ihre diplomatischen und konsularischen Vertreter
durchaus an Recht und Gesetz im Empfangsstaat halten. Der Immunitätsgrundsatz
erschwert lediglich die zwangsweise Durchsetzung. Besteht Immunität ist die
gerichtliche Inanspruchnahme der Diplomaten ausgeschlossen. Kommt es
allerdings zu ernsthaften Rechtsverstößen, können Diplomaten durch die
Bundesregierung zur unerwünschten Person erklärt und ausgewiesen werden.
Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit ausländischer Staaten und ihrer
Diplomaten verträgt sich erkennbar nicht mit dem Immunitätsgrundsatz. Es ist
deshalb anerkannten Rechts, Immunität nur für solche Handlungen zu gewähren,
die hoheitlichen Charakter haben und nicht lediglich der wirtschaftlichen
Betätigung dienen. Nur soweit hoheitliche Aufgaben des entsandten Staates
gefährdet werden, bleibt es bei der Immunität. Wie zwischen hoheitlichen
Aufgaben und wirtschaftlicher Betätigung abzugrenzen ist, kann im Einzelfall
schwierig zu beantworten sein. Wsentlicher Maßstab ist, ob durch den Erfolg
einer gerichtlichen Inanspruchnahme die ausländische Mission oder der
betroffene Diplomat in der Ausübung seiner Funktion beeinträchtigt würde.
Für die Veräußerung von Liegenschaften oder deren Vermietung bedeutet die
Immunität zunächst keine Einschränkung. Mit diplomatischen Vertretungen und
ihren Mitarbeitern können ohne weiteres Mietverträge und Kaufverträge
geschlossen werden. In Berlin besteht allerdings in bezug auf den
Grundstückserwerb durch ausländische juristische Personen ein
Genehmigungsvorbehalt, der jedoch keine Anwendung mehr findet, wenn der
Ursprungsstaat der Europäischen Union angehört. Kaufverträge über Grundstücke
und Mietverträge mit ausländischer Beteiligung unterliegen im Zweifel
deutschem Recht, wenn das Grundstück oder die Mietsache auf dem Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland liegen (Art. 28 Abs. 3 EGBGB). Eine gegenteilige
Rechtswahl muß ausdrücklich getroffen werden. Wie und wann sich die
Eigentumsverhältnisse ändern, ist dagegen unabänderlich deutschem Recht zu
entnehmen. Hierzu gehört es auch, daß die Eigentumsübertragung (auch
Auflassung genannt) nur vor einem deutschen Notar erklärt werden kann und daß
der Erwerber in das Grundbuch eingetragen werden muß. Zu den Besonderheiten
zählt, daß ausländische Staaten bei Grundstücksgeschäften nicht durch ihre
Missionschefs vertreten werden. Verlangt wird die Vorlage einer Vollmacht des
zuständigen Ressortministers, die ggf. von der Deutschen Botschaft im
Entsendestaat zu beglaubigen ist (vgl. Kammergericht NJW 1974, 1627). Soweit
Diplomaten für eigene Rechnung auftreten, sind güterrechtliche
Verfügungsbeschränkungen zu beachten, die sich aus dem Heimatrecht des
verheirateten Diplomaten ergeben können. Solche eherechtlichen Beschränkungen
sind durchaus häufig anzutreffen, etwa im tschechischen und ungarischen Recht.
Erst wenn sich bei der Vertragsabwicklung Probleme und
Meinungsverschiedenheiten herausstellen, wirft die Immunität des
Vertragspartners Fragen auf. Die bestehenden Ansprüche auf Kaufpreis- oder
Mietzahlung müssen ggf. einer gerichtlichen Klärung zugeführt und schlimmsten
Falles auch im Vollstreckungswege durchgesetzt werden. Im einfachsten Falle
verzichtet der ausländische Staat oder Diplomat auf seine Immunität. Tut er
dies nicht, ist seine Immunität zu hinterfragen. Die deutsche Rechtsprechung
erkennt die Immunität ab, wenn Reparaturaufträge für Botschaftsgebäude
streitig sind (BVerfGE 16, 27), wenn auf Zahlung von Nutzungsentschädigungen
für den Besitz eines Gebäudes oder Wohnung geklagt wird, wenn
Grundbuchberichtigungsansprüche in bezug auf ein Botschaftsgebäude anhängig
gemacht werden (BGH MDR 1970, 222) und wenn der ausländische Staat von einem
Makler für die Vermittlung eines Botschafts- oder Konsulargebäudes auf die
Courtage in Anspruch genommen wird (OLG München MDR 1975, 411; OLG Frankfurt
RIW 1977, 49). Soll allerdings aus einem Titel vollstreckt werden, muß
ausgeschlossen sein, daß das Vollstreckungsgut hoheitlichen Zwecken dient. So
wurde der Versuch einer Eigentümerin unterbunden, wegen ausstehender Mieten in
Konten der philippinischen Botschaft zu vollstrecken (BVerfGE 46, 342). Aus
einem mit einem fremden Staat oder einem Diplomaten geschlossenen Mietvertrag
kann zwar auf Zahlung des Mietzinses oder auf Feststellung zur Räumung des
überlassenen Grundstücks oder der gemieteten Wohnung geklagt werden. Doch
können Botschaftsgebäude und Dienstwohnungen von Diplomaten nicht geräumt
werden. In bezug auf privates Grundvermögen des Diplomaten, das er nicht für
die Zwecke der Mission im Besitz hat, besteht allerdings ohnehin keine
Immunität.
Zu warnen ist vor Selbsthilfemaßnahmen. Obwohl mehrheitlich vertreten wird,
gegen Diplomaten seien Selbsthilferechte nicht ausgeschlossen, kann die
eigenmächtige Räumung einer Diplomatenwohnung strafbar sein. Einen
Rechtsanwalt, der seinem Mandanten empfahl, die Wohnung seines säumigen
Mietzahlers mit Diplomatenstatus wegen der angeblichen Aussichtslosigkeit
eines Räumungsverfahrens in Selbsthilfe zu räumen und hieran mitwirkte, wurde
wegen Nötigung und Hausfriedensbruches verurteilt (OLG Köln NJW 1996, 472).
Zulässig ist es dagegen, bestehende Pfandrechte an Sicherungsgut im Wege der
Selbsthilfe zu verwerten, wenn bereits Besitz am Pfandgut besteht.
Abschließend sei angemerkt: Grundstücksgeschäfte und Mietabschlüsse mit
ausländischen Beteiligten bergen grundsätzlich besondere Risiken in sich, die
sich auch bei Geschäften mit Diplomaten nicht auf die Immunitätsfrage
beschränken. Der Verkäufer sollte sich eingehend über seinen besonderen Fall
beraten lassen, denn es ist stets auf die betroffenen Rechtskreise Rücksicht
zu nehmen. Auch Hemmnisse aus der deutschen Sphäre sind zu beachten. Bei
Grundstücksgeschäften mit ausländischen Domizilgesellschaften ist etwa der
Erlaß der Senatsverwaltung Berlin vom 15. April 1997 (DStR 1997, 1452) zu
beachten, demzufolge die Finanzbehörden die Erteilung der steuerrechtlichen
Unbedenklichkeitsbescheinigung von einer Anfrage bei der Informationszentrale
für steuerliche Auslandsbeziehungen abhängig machen. Ziel ist es, abzuprüfen,
ob Zweifel an der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bestehen. Viele
Kaufverträge scheitern daran, daß sich infolge der Abfrage die Finanzbehörden
weigern, die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen. Sind Diplomaten
beteiligt, kann die Vereinbarung eines Immunitätsverzichts hilfreich sein.
Hierbei ist zu beachten, daß der Verzicht auf die Immunität für ein
Erkenntnisverfahren, also z.B. die Räumungs- oder Zahlungsklage, nicht
zugleich den Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität beinhaltet, der
gesondert vereinbart oder erklärt werden muß. Da jedoch auch ausländische
Diplomaten dem Schutz des Gesetzes zur Regelung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen unterliegen, sollte insoweit einer Individualvereinbarung
der Vorzug gegeben werden.
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