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Herausgeber: Dr.Hök/Prehm
Euro-Flag 14. Jahrgang Berlin Dezember 2023

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Kurzkommentar zu den Änderungen in der VOB/B 2000
und zu anderen Entwicklungen im Baurecht

Rechtsanwalt Dr. Götz-Sebastian Hök, Berlin
Lehrbeauftragter an der FHTW, Berlin

* * *

Die Änderungen der VOB/B wurden mit Spannung erwartet. Sie müssen der gesetzlichen Entwicklung, der sich ändernden Rechtsprechung und den bevorstehenden Auswirkungen der EU-Rechtssetzung Rechnung tragen. Die VOB/B 2000 ist am 30. Juni 2000 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden.

Die Änderungen der VOB/B beschränken sich weitgehend auf redaktionelle Anpassungen. Neue Themen und Anforderungen werden ignoriert. Die Globalisierung und die zunehmende Arbeitsteilung auf der Baustelle werden nicht berücksichtigt. Gerichtsstands- und Rechtsanwendungsfragen bleiben ungeregelt. Die Entwicklung des Schutzes der Subunternehmer wurde verpasst. Die Vorschläge erschöpfen sich in marginalen Änderungen. Die Regelungen zur Verzinsung von Werklohnansprüchen bleiben hinter den gesetzlichen zurück, aber auch hinter denen der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Handelsverkehr, die am 8. August 2000 in Kraft trat und bis zum 8. August 2002 umgesetzt werden muss.

Änderungen in § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 3 VOB/B
(Nichtbeauftragte Leistungen)

Die bisherige Vorschriften der VOB/B regeln das Recht der Vergütung von Leistungen nicht mehr abschließend. Es hat sich neben und um die Vorschriften der VOB/B eine reichhaltige Rechtsprechung entwickelt. Ohne Auftrag oder in Abweichung vom Vertrag ausgeführte Leistungen, die für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren, sind dem Auftragnehmer zwar nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 VOB/B schon bislang unabhängig davon zu vergüten, ob der Auftraggeber sie anerkennt, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt worden sind. Im übrigen gelten die Regelungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend #1).

Insbesondere ist aber die Mehrvergütung im Rahmen von Pauschalleistungsverträgen außerordentlich problematisch. Hier schaffen die vorgeschlagenen VOB/B-Änderungen leider keine Abhilfe. Es bleibt beim Althergebrachten. Neu ist lediglich, daß die Vergütung nicht beauftragter Leistungen auf der Grundlage des § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B ermittelt wird. Die Änderung geht auf einen Vorschlag des Instituts für Baurecht Freiburg e.V. (IfBF) zurück. Er dient der Klarstellung der Berechnungsgrundlage für geänderte und zusätzliche Leistungen.

Die eigentlichen Probleme im Pauschalpreisvertrag, die die Praxis zunehmend beschäftigen, werden nicht angefasst. Der Pauschalfestpreis schließt eigentlich jegliche Mehrvergütung aus (§ 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 1 VOB/B). In den Ausnahmebereichen wird darüber gestritten, ob es sich um wesentliche Mehrleistungen handeln muß oder ob jede Art von Mehrleistung ausreicht, um Mehrvergütungansprüche auszulösen. Ingenstau/Korbion (VOB/B, § 2 Rn. 331) schließen Mehrvergütungsansprüche aus, wenn sie nicht auf wesentliche Leistungsänderungen zurückzuführen sind. Jagenburg will hingegen jegliche Mehrung ausreichen lassen (Beck´scher Komm/Jagenburg, B § 2 Nr. 7 Rn. 97 ff.). Die Rechtsprechung#2)  verlangt jedoch trotz der Kritik von Jagenburg regelmäßig eine erhebliche Änderung des Leistungsinhaltes. M.E. tragen die Bedenken von Jagenburg, trotzdem sie auf eine weitgehend zutreffende Analyse der BGH-Rechtsprechung beruhen, nicht. Der Pauschalvertrag ist –gleich mit welchem Inhalt- gedacht, um dem Bauherrn Preissicherheit zu geben. Er ist als Vertragstyp nur geeignet, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (§ 5 Nr. 1 lit. b) VOB/A). Wer sich auf einen Pauschalfestpreis einläßt, muß mithin davon ausgehen, keine Nachvergütung zu erhalten. Jede andere Deutung des Pauschalfestpreises hieße, ihn grundlegend als Vertragstyp in Frage zu stellen. Es kann mithin eine Preisanpassung infolge von Änderungen des Bauentwurfes oder der Ausführungsplanung nur im Rahmen grundsätzlicher Erwägungen zugelassen werden. § 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 2 VOB/B verlangt eine so erhebliche Abweichung der ausgeführten Leistung von der vertraglich vorgesehenen, daß ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist. Die Regel verweist insofern ausdrücklich auf § 242 BGB. Mehrforderungen gegenüber dem Pauschalfestpreis sind daher als Billigkeitsausgleich zu verstehen. Jagenburg (Beck´scher VOB-Komm/Jagenburg, B § 2 Nr. 7 Rn. 85) möchte nun unter Hinweis auf § 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 3 VOB/B die Regelungen der § 2 Nr. 5 und § 2 Nr. 6 VOB/B uneingeschränkt anwenden. Das ist jedoch mit dem Wesen des Pauschalpreisvertrages nicht vereinbar, zumindestens nicht, soweit die Mehrvergütung über § 2 Nr. 5 VOB/B begründet werden soll. Die Änderung der Ausführung bleibt Ausführung des ursprünglich Geschuldeten. Auch im Rahmen von § 2 Nr. 5 VOB/B wird eine Mehrvergütung nur geschuldet, wenn sich anordnungsbedingt die Grundlagen der Preisfindung ändern. Mithin sind nur solche Änderungen des Bauentwurfes geeignet, Mehrvergütungansprüche gegenüber einem Pauschalpreis auslösen, die sich auf die Grundlagen der Preisfindung auswirken. Innerhalb der ursprünglichen Kalkulation liegende Risiken trägt der Unternehmer. Beim Pauschalfestpreis unterscheidet sich das Kalkulationsrisiko von dem Risiko beim Einheitspreisvertrag. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, daß allenfalls erhebliche Auswirkungen (mehr-) vergütungsrelevant sein können.

Möglich ist auch, daß die Vertragspartner im Gegensatz zu Teil B §§ 2 Nr. 4 und 8 Nr. 1 einverständlich den Vertragsinhalt dahin ändern, daß sie die bisher vorgesehene Leistung in ihrem Inhalt herabsetzen. Dann kommt entgegen OLG Frankfurt 3 nicht eine entsprechende Anwendung von Teil B § 2 Nr. 4 in Verbindung mit Teil B § 8 Nr. 1 in Betracht, weil dann dem Auftragnehmer auch für die nicht ausgeführte Teilleistung der Vergütungsanspruch abzüglich ersparter Aufwendungen usw. erhalten bliebe, obwohl er selbst mit der Herabsetzung des Leistungsinhaltes einverstanden war#4) . Einigen sich die Vertragspartner in einem solchen Fall nicht auf eine neue Pauschale, muß der bisherige Pauschalpreis dahin angepaßt werden, daß die tatsächlich ausgeführte Leistung zu der in Auftrag gegebenen Gesamtleistung ins Verhältnis gesetzt und anteilmäßig die Vergütung unter Abzug von der bisher vereinbarten Pauschale neu festgelegt wird#5) . Auch hier besteht m.E. Regelungsbedarf, denn die VOB/B schafft keine hinreichende Regelungstransparenz mehr.  
 

Änderungen in § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 3 VOB/B
(Weitervergabe von Leistungen)

Auf der einen Seite geht die Tendenz der Bauherrn dahin, die Aufträge an einen Generalauftragnehmer zu vergeben. Auf der anderen Seite nimmt die arbeitsteilige Abwicklung von Bauvorhaben ständig zu. Dem trägt der VOB/B-Vorschlag keine Rechnung. Andere Rechtsordnungen sind da viel weiter#6); auch die Neufassung des BGB im Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen schafft keine echte Abhilfe. Die VOB/B bleibt gegenüber der Vergabe von Aufträgen an Subunternehmer feindlich eingestellt, anstatt die Subunternehmer zu schützen. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur #7)  eröffnet die unbefugte Weitergabe von Bauleistungen ein Kündigungsrecht des Auftraggebers, wenn der Auftragnehmer die Eigenleistung trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht aufnimmt. Mangels ausdrücklicher Regelung wurde dieses Ergebnis bisher mit einer entsprechenden Anwendung des § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B erreicht. Die vorgeschlagene Änderung schließt sich dieser Meinung an. Mit der Neufassung soll also eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage erreicht werden.

Gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf er sie an Nachunternehmer übertragen. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist. Der zusätzliche Satz 3 regelt nun das Kündigungsrecht des Auftraggebers ausdrücklich. Erbringt der Auftragnehmer ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers Leistungen nicht im eigenen Betrieb, obwohl sein Betrieb darauf eingerichtet ist, kann der Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leistung im eigenen Betrieb setzen und erklären, daß er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3 VOB/B). Wie bisher hat der Auftragnehmer bei der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Verdingungsordnung für Bauleistungen zugrunde zu legen. Auch sind die Nachunternehmer auf Verlangen zu benennen.
 

Änderung in § 4 Nr. 10 VOB/B
(Feststellung des technischen Zustandes von Teilen der Leistung)

Der neue § 4 Nr. 10 VOB/B bedeutet lediglich eine redaktionelle Änderung. Sie wird damit begründet, daß § 12 Nr. 2 Buchstabe b) VOB/B keine Abnahme im rechtlichen Sinne darstellt, sondern eine Feststellung des technischen Zustandes von Teilen der Leistung. Daher gehöre die Regel systematisch in den Bereich der Ausführung, statt zu den Regelungen über die Abnahme. Gemäß § 4 Nr. 10 VOB/B neu ist der Zustand von Teilen der Leistung auf Verlangen gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer festzustellen, wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung der Prüfung und Feststellung entzogen werden. Das Ergebnis ist schriftlich niederzulegen.
 

Änderung des § 6 Nr. 2 Abs. 1 Buchst. A VOB/B
(Behinderung)

§ 6 VOB/B regelt die Behinderung und Unterbrechung der Ausführung. § 6 Nr. 2 VOB/B enthält den Anspruch auf Verlängerung der Ausführungsfristen bei Vorliegen von hindernden Umständen. Die Rechtsprechung#8)  erachtete bereits nach der alten Fassung einen Umstand aus dem ”Risikobereich” des Auftraggebers für ausreichend. Die Literatur ließ einen Umstand aus der "Sphäre" des Auftraggebers ausreichen#9) . Um Mißverständnisse zu vermeiden soll nun in § 6 Nr. 2 Abs. 1 lit. a) VOB/B dahin umformuliert werden, daß Ausführungsfristen verlängert werden, soweit die Behinderung durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers verursacht ist.
 

Änderung § 7 Nr. 1 VOB/B
(Gefahrtragung)

§ 7 VOB/B regelt die Gefahrtragung im Bauvertrag. Es wird als streitig angesehen, ob die zum Untergang führenden Umstände objektiv#10)  oder subjektbezogen#11)  vorliegen müssen. Der BGH#12)  hat mittlerweile letztinstanzlich entschieden, daß die Voraussetzungen des § 7 Nr. 1 nur dann erfüllt sind "wenn das Ereignis objektiv unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar war". Der Regelungsvorschlag sieht deshalb vor, in § 7 Nr. 1 VOB/B das Wort "objektiv" einzufügen. Erfaßt werden damit zukünftig auch ”andere objektiv unabwendbare Umstände”.

 

Änderung von § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B
(Kündigung)

Die Neufassung von § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B beruht auf dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung. Es wird lediglich eine überfällige redaktionelle Anpassung durchgeführt#13) . Inhaltlich bleibt die Regelung unverändert.

Die kritische Situation der Bauwirtschaft drängt zunehmend Unternehmen in die Insolvenz. Fällt die Insolvenz in laufende Bauvorhaben, regelt § 103 InsO, daß der Bauvertrag, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von den Vertragsparteien nicht oder noch nicht vollständig erfüllt wurde, von dem Insolvenzverwalter erfüllt werden kann, wenn er dies wünscht. Wünscht er die Erfüllung, muß er auch die Gegenleistung erbringen. Lehnt der Insolvenzverwalter dagegen die Erfüllung ab, kann der andere Teil eine Forderung wegen Nichterfüllung als Insolvenzgläubiger geltend machen.

Ist der Bauvertrag von einer Seite bereits vollständig erfüllt, ist für die Anwendung des § 103 InsO kein Raum#14) .

Stehen noch Leistungen des Unternehmers aus und hat der Besteller den Werklohn noch nicht vollständig bezahlt, findet § 103 InsO Anwendung. Zu den noch nicht abgewickelten Verträgen gehören solche, bei denen der Unternehmer noch Mängel abarbeiten muß und der Besteller den Sicherheitseinbehalt noch nicht ausbezahlt hat. Bislang gilt, dass sich der Bauvertrag in solchen Fällen automatisch umgestaltet. Der Erfüllungsanspruch erlischt. An dessen Stelle tritt der einseitige Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Er ist eine Insolvenzforderung und wird mit den der Masse zustehenden Forderungen verrechnet. Der Insolvenzverwalter kann allerdings erklären, er wolle den Vertrag erfüllen oder Erfüllung verlangen. Dann lebt der untergegangene Anspruch gegen den Vertragspartner wieder auf. In der Regel wird der Insolvenzverwalter diese Erklärung nicht abgeben15 . Hat der Besteller den Vertrag gemäß § 8 Nr. 2 Abs. 2 S. 1 VOB/B gekündigt, muß der Unternehmer die bis zur Kündigung ausgeführten Leistungen abrechnen. Der Besteller kann seinerseits Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Restarbeiten gemäß § 8 Nr. 2 Abs. 2 S. 2 VOB/B verlangen. Es entsteht ein Verrechnungsverhältnis, ohne dass es ausdrücklicher Aufrechnungserklärungen bedürfte#16) .

Bsp :#17) Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller insolvenzbedingt keine Nachbesserung verlangen. Er kann lediglich die einfachen Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz gegen den Restwerklohn aufrechnen.

Für Unternehmer ist wichtig, dass ihre Sicherheiten in der Insolvenz des Bestellers beständig sind. Der Unternehmer hat Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherungshypothek, neuerdings sogar als Gesamthypothek 18 an mehreren Baugrundstücken. § 648 BGB i.V.m. §§ 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 i.V.m. §§ 936, 928 ZPO gestatten es, zur Sicherung des Anspruches per einstweilige Verfügung eine Vormerkung in das oder die Baugrundstücke einzutragen. Allerdings hat das LG Meiningen #19) am 10. Februar 2000 darauf aufmerksam gemacht, dass nach § 88 InsO mit Eröffnung des INSOLVENZVERFAHRENS diejenigen durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungen an dem haftungsverfangenen Vermögen des Schuldners unwirksam werden, die ein INSOLVENZGLÄUBIGER (§ 38 InsO) innerhalb des letzten Monats vor Eröffnung des Verfahrens erlangt hat. Die absolute oder "relative" Unwirksamkeit erfaßt auch Vormerkungen, die im Wege der einstweiligen Verfügung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in das Grundbuch eingetragen wurden. Wie bei Zwangssicherungshypotheken handelt es sich hierbei um Vollstreckungsmaßnahmen unabhängig davon, ob der Vollzug der einstweiligen Verfügung im Wege des gerichtlichen Ersuchens nach ZPO § 941, GBO § 38 oder aufgrund eines Antrags nach GBO § 13 erfolgt, weil über ZPO § 936 die Vorschrift des ZPO § 928 anwendbar ist.

 

Änderung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B
(Kündigung)

Der neue § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B berechtigt den Auftraggeber, den Vertrag zu kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Nr. 7 und 8 Abs. 1 VOB/B und des § 5 Nr. 4 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist (Entziehung des Auftrags). Die Anpassung wurde durch die Ergänzungen zum Kündigungsrecht bei Weitervergabe des Auftrages erforderlich.

Änderung in § 12 Nr.2 VOB/B

§ 12 Nr. 2 VOB/B mußte geändert werden, nachdem der bisherige § 12 Nr. 2 lit. b) VOB/B in den neuen § 4 Nr. 10 VOB/B übernommen wurde. Inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden. Nach wie vor sind auf Verlangen in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen.

Änderung in § 16 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2
(Vorauszahlungen)

Vorauszahlungen sollen zukünftig, sofern nichts anderes vereinbart ist, mit 1 v. H. über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank zu verzinsen sein. Der Lombardsatz wurde ersetzt.

Änderung § 16 Nr. 5 Abs. 3
(Verzugszinsen)

Zahlungsverzug ist ein Vertragsbruch, der Schuldner durch niedrige Verzugszinsen und/oder langsame Schadensersatzverfahren finanziell begünstigt. Um diese negative Entwicklung umzukehren, ist nach Auffassung der Europäischen Kommission ein durchgreifender Wandel erforderlich. Die Folgen des Zahlungsverzugs müssen sowohl von der Überschreitung der Zahlungsfristen abschrecken als auch für einen vollen Ausgleich der damit verbundenen Kosten der Gläubiger sorgen. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl 2000 I, 330) hat Neuerungen zum Verzugszinssatz mit sich gebracht. Bislang kam der Schuldner in Verzug, wenn für die Zahlung ein Termin vereinbart war, sie angemahnt wurde oder der Schuldner Klage erhob. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung führt hiervon abweichend in § 284 Abs. 3 BGB ein, daß der Schuldner einer Geldforderung nunmehr bereits 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung in Verzug gerät. Der gesetzliche Zinssatz betrug nach § 288 Abs. 1 BGB vier vom Hundert jährlich. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung regelt, daß eine Geldschuld während des Verzuges für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz vom 9. Juni 1998 (BGBl 1998 I, 1242) zu verzinsen ist. Durch das Inkrafttreten der EU-Richtlinie wird es Anpassungsbedarf geben. Die am 8. August 2000 in Kraft getretene Richtlinie des Rates zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges (RL) sieht höhere Zinsen vor. Der "gesetzliche Zinssatz", zu deren Zahlung der Schuldner verpflichtet ist, ergibt sich aus der Summe des Zinssatzes, der von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngste Hauptrefinanzierungsoperation, die vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres durchgeführt wurde, angewendet wird ("Bezugszinssatz"), zuzüglich mindestens 7 Prozentpunkten ("Spanne")#20) , sofern in dem Vertrag nichts anderes bestimmt ist (Art. 3 I RL).

Die Neufassung der VOB/B beruht auf einem Vorschlag des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes in der Sitzung der Arbeitsgruppe am 29.07.1999 zur Beschleunigung fälliger Zahlungen. Gegenüber der geltenden VOB-Fassung soll der Zinssatz deutlich angehoben werden. Allerdings orientiert sich der VOB/B-Vorschlag nicht –was sinnvoll wäre- an den Entwürfen der seit 1995 in Bearbeitung befindlichen EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges.

Der neue § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B ändert jedenfalls die Verzinsung ab. Zahlt der Auftraggeber bei Fälligkeit nicht, so kann ihm der Auftragnehmer –wie bisher- eine angemessen Nachfrist setzen. Zahlt er auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 v. H. über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist. Außerdem darf er die Arbeiten bis zur Zahlung einstellen. Auf die Nachfrist kann seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen verzichtet werden. Die Experten haben nach kontroverser Diskussion die Altfassung insoweit beibehalten, obwohl ihnen bereits bekannt war, daß die EU-Vorschläge auf eine Nachfrist verzichten.
 

1) vgl. Beck´scher VOB-Komm/Jagenburg, B § 2 Nr. 8 Rn. 66

2) vgl. OLG Nürnberg ZfBR 1987, 155; OLG München NJW-RR 1987, 598; OLG Stuttgart BauR 1992, 639

3) OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 572 = MDR 1986, 407 = ZfBR 1987, 154 mit abl. Anm. von Bühl

4) Ingenstau/Korbion, VOB, § 2 Nr. 7 Rn. 330

5) vgl. dazu Grimme MDR 1989, 20

6) vgl. das französische Gesetz n° 75-1334 vom 31.12.1975, das dem Subunternehmer Direktansprüche gegen den Bauherrn verschafft und ihn an besonderen Sicherungen des Unternehmers gegenüber dem Bauherrn teilhaben läßt (Art. 1799-1 des französischen Code Civil i.V.m. Art. 12 des Gesetzes n° 75-1334)

7) z. B. Ingenstau/Korbion, VOB/B, § 4 VOB/B Rn. 405 ff., 409

8) BGH BauR 1990, 2101

9) Vygen/Schubert/Lang. Bauverzögerung und Leistungsänderung 3 Aufl. 1998 Rdnr. 132 f

10) so LG Bonn Urteil v. 05.04.1995

11)  so OLG Köln Urteil v 05.12.1995 und Heiermann/Rusam, VOB/B, § 7 VOB/B Rn. 11

12) BGH Urteil vom 26.06.1997 Az : VII ZR 17/96

13) vgl. Schmitz, Der Baukonkurs, 1999, Rn. 13

14) Schmitz, Der Baukonkurs, 1999, Rn. 33

15) Zumal dann nicht, wenn der Unternehmer auf erhaltende Abschlagszahlungen die Umsatzsteuer nicht

abgeführt hat, denn diese wird nach BFH KTS 1979, 208, 210 als Masseverbindlichkeit angesehen und muß aus dem Restwerklohn bedient werden, den der Insolvenzverwalter im Falle der Durchführung des Vertrages vereinnahmt.

16) BGH NJW 1977, 1345; BGH ZIP 1986, 383

17) vgl. Schmitz, Der Baukonkurs, 1999, Rn. 72

18)  BGH ZfIR 2000, 366-369  = NJW 2000, 1861-1863 = WM 2000, 1110-1113 = ZIP 2000, 1104-1106 = ZfBR 2000, 329-330 = BauR 2000, 1083-1086 MDR 2000, 879-880 (Leitsatz und Gründe)

19) LG Meiningen ZIP 2000, 416-418 = ZfIR 2000, 373-376 = IBR 2000, 323
20)   Die Entwürfe zur Richtlinie sahen noch acht Prozentpunkte vor.



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